Erste Hilfe für Angsthunde

Zur Zeit steigen die Adoptionszahlen enorm an. Mensch und Hund finden wieder zueinander. Natürlich ist das toll, denn dabei finden auch sogenannte „schwer vermittelbare“ Wuffis häufiger ein Zuhause. Ist die Vermittlung gut gemacht, wissen frisch gebackene Hundeeltern, was auf sie zu kommt. Der Charakter des Hundes wurde beschrieben, im besten Fall fanden mehrere Treffen zum Kennenlernen statt und „Macken“ (gesundheitliche Probleme, Verhaltensauffälligkeiten) wurden offen kommuniziert.

Doch oft passiert etwas ganz anderes.

Die Menschen verlieben sich in ein knuddeliges Foto oder eine Beschreibung. Der Tierschutzverein kann oder will keine wahrheitsgemäße Aussage über den Charakter machen und das Unheil nimmt seinen Lauf.

 

Ich möchte da keineswegs die Vereine beschuldigen, denn oft kann ein Hund sein echtes Wesen erst zeigen, wenn er in einer neuen Familie ankommt. Oder es passiert, dass der Hund durch den Transport traumatisiert wird.

Das ist leider unvorhersehbar und kommt auch bei tollen Vereinen vor.

Manchmal hat man, hart ausgedrückt, einfach Pech.

 

Und selbst, wenn man weiß, was da auf jemanden zukommt, kann das Zusammenleben dann von den Vorstellungen abweichen (Stichwort Trainierbarkeit).

 

Was kannst du also tun, wenn bei dir ein Angsthund einzieht?

 

Wie bei jeder Adoption heißt das Zauberwort RUHE.

Für den Hund ist alles neu… Umgebung, Gerüche, Einrichtung, möglicherweise Futter, Bezugsperson. Das heißt er hat gut zu tun mit dem Verarbeiten der ganzen neuen Eindrücke. Das ist ziemlich anstrengend und braucht umso mehr Schlaf.

 

Fürchtet sich dein Hund und verkriecht sich, lass ihm diese Möglichkeit. Du kannst ab und zu zufällig an ihm vorbeikommen und Futter verlieren. Irgendwann sammelt er es schon auf, das muss nicht sofort passieren 😉

Die Assoziation Mensch=toll weil Futter findet so wundervoll statt.

Stell ihm ruhig Wasser und Futter in sein Versteck und richte ihm eine Toilette in der Nähe ein. Möglicherweise nutzt er diese nicht, aber er hat zumindest die Möglichkeit.

 

Das ist Anfangs eine große Herausforderung und soll hier gar nicht klein Geredet werden, denn da können sehr belastende Gerüche entstehen. Außerdem macht man sich natürlich Sorgen und das Mitleid kratzt am Nervenkostüm.

Doch es lohnt sich auf jeden Fall.

 

Wichtig ist gerade in der Anfangszeit, dass erst mal niemand etwas vom Hund will. Der Mensch ist einfach da, es passieren gute Dinge um ihn und fertig.

Du kannst dich auch in einiger Entfernung zum Hund hinsetzen, ein Buch lesen und hin und wieder ein Bröckchen Futter in sein Versteck rollen.

Fasse hierzu aber nicht hinein.

 

Auch ein Markerwort wäre eventuell schon möglich. Hierzu muss der Hund ja nichts tun. Du sagst einfach immer das Wort, bevor das Futter ins Versteck rollt.

Hier ein kleines Video dazu: https://youtu.be/LmJLw5J2-aA

 

Zu sehen ist schon eine fortgeschrittenere Trainingseinheit. Begonnen haben wir mit Futterstückchen in die Box und ich war mit dem Rücken zu ihr, in größtmöglicher Entfernung.

Hierbei ist wichtig, die Handbewegung nur so stark zu machen, dass der Hund nicht erschrickt (wenn möglich).

Außerdem sollte kein Motivationskonflikt entstehen (der Begünstigt Aggression), also der Hund sollte keinesfalls näher gelockt werden.

Du kannst zusätzlich mit einer Körpersprache die Distanz erhöhen, indem du dich vom Hund weg lehnst.

 

Spaziergänge müssen besonders in der Anfangszeit wirklich nicht sein.

Ist dein Hund so weit, dass er zum Lösen raus gehen kann, kannst du das natürlich machen.

 

Sodala und das wichtigste kommt zum Schluss

 

Ein Hund, der sich verkriecht, oder starkes Angstverhalten in welcher Form auch immer zeigt, sollte unbedingt medizinisch versorgt werden.

Ohne medikamentöse Hilfe gegen die Angst zu kämpfen ist wahnsinnig Frustrierend und für den Hund ist jeder Tag mehr, den er so verängstigt erleben muss, eine Katastrophe.

 

Setz dich am besten mit einem guten Verhaltensmediziner in Verbindung und besprich ganz offen, was euch Beschäftigt.

Eventuell ist ein Behandlungsversuch aus der Ferne möglich, eventuell auch eine Vormedikation um eine Behandlung/Untersuchung zu ermöglichen. Das wird ganz individuell besprochen.

Scheue dich bitte nicht davor, du machst deinem Hund damit ein Geschenk 😉

 

Solltest du hierzu einen Kontakt benötigen, gib mir einfach Bescheid.

 

Und in den Momenten, wo die Gefühle Achterbahn fahren, versuch dich ein bisschen raus zu nehmen. Mach etwas, das dir selbst gut tut. Keine Angst, das ist nicht egoistisch.

Denn wenn es dir gut geht, kannst du auch den besten Support für deinen Hund bereitstellen.

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