Hundebegegnung – Leinenrambo
Das wohl häufigste Problem unter Hundemenschen ist die Leinenaggression, auch wenn sie oft nicht so genannt wird.
Wir wollen uns ungern eingestehen, dass der eigene Hund Aggressionsverhalten zeigt. Immerhin ist dies in unserer Gesellschaft sehr verpönt.
Doch egal, wie wir es nennen, wenn der Hund bellend/knurrend in der Leine hängt, weil ihm ein anderer Hund (oder auch Mensch) entgegen kommt, haben wir ein Problem.
Handelt es sich um einen kleinen Hund, ist das Problem oft eher auf Hundeseite und dem Halter ist das Verhalten seines Hundes peinlich (hier kommen leider oft Kommentare in Verbindung mit kleinem Hund und Erziehung aus dem Umfeld). Das ist emotional sehr belastend für Mensch und Hund.
Bringt der Vierbeiner jedoch ein gewisses Gewicht auf die Waage, steigt auch das Verletzungsrisiko für den Menschen am anderen Ende der Leine erheblich.
Und handelt es sich um einen Listenhund, ist sowieso die „Kacke am dampfen“, denn dann muss sich der Halter auch noch mit dummen Vorurteilen herumschlagen.
Du siehst also, Probleme mit Begegnungen stressen Mensch und Hund enorm. Genau deshalb trainiere ich auch so gerne daran. Das wundervolle Gefühl, endlich entspannt durch Begegnungen zu kommen ist so wunderschön zu beobachten, dass ich es jedem Mensch-Hund Team ermöglichen möchte.
Wenn du gleich einsteigen möchtest, schau mal hier.
Aber sehen wir uns doch erst einmal die Gründe an, warum Hunde so auf Artgenossen reagieren, denn unverträglich sind die wenigsten.
Ursachen
Tatsächlich gibt es eine Hauptursache für Aggressionsverhalten. Der Hund fühlt sich mit der Situation überfordert und möchte mehr Distanz.
Doch warum er sich unwohl fühlt kann viele Gründe haben. Meist steckt Angst oder Frust dahinter und nicht selten auch eine Kombination daraus.
Dabei darfst du aber ruhig alle Formen und Abstufungen von Angst sehen. Also die Hund müssen nicht völlig panisch sein, sondern es kann auch reichen, dass sie das Gegenüber schlecht einschätzen können und deshalb ein wenig unsicher werden.
Doch der Reihe nach.
Frust – meist Junghunde
Viele Halter besuchen mit ihren Welpen pflichtbewusst die Welpengruppe der nahegelegenen Hundeschule um den kleinen Hund optimal zu sozialisieren und auf ein Leben in unserer Gesellschaft vorzubereiten.
Handelt es sich hier um eine gute Welpengruppe in einer kompetenten Hundeschule ist das eine tolle Idee und der Welpe wird in sicherem Setting lernen mit anderen Hunden verschiedener Rassen umzugehen, eventuell zu spielen oder erste Signale einzuüben.
Diese Hunde sind meist auch im späteren Leben bei Leinenbegegnungen unproblematisch (diese werden schon in der Welpengruppe geübt oder zumindest wird Entspannung in Anwesenheit anderer Hunde gelernt).
Aber es gibt leider unzählige Welpengruppen, wo die Hunde sofort bei der Ankunft völlig unkontrolliert miteinander über den Platz rollen, teilweise zu grob miteinander umgehen und sich teilweise auch jagen. Hier lernen die Welpen, dass andere Hunde vor allem große Aufregung bedeuten.
Darf der Welpe jetzt sofort und immer zu jedem anderen Hund hin und in der Hundeschule wird auch immer sofort gespielt, ist es umso schwerer für den Junghund zu verstehen, dass dies jetzt vorbei ist (zB weil er zu groß ist oder in der Pubertät nicht mehr von der Leine darf). Sieht er jetzt also einen Artgenossen, möchte er wie immer hinlaufen und spielen. Das kann er aber nicht weil er an der Leine hängt. Frust baut sich auf.
Fällt dem Menschen das früh auf und es werden Schritte unternommen, um noch gegen zu steuern, kann man hier noch einiges retten.
Schafft man das aber nicht, steigert sich die Frustration mit jedem mal weiter, bis der Hund „explodiert“.
Zusätzlich darf man hier nicht vergessen, dass hier fast immer Unsicherheit eine Rolle spielt, denn der Junghund hat nie gelernt eine Begegnung mit wenig Abstand an der Leine zu bewältigen. Er hat also keine Strategie, damit umzugehen und das macht unsicher.
Angst
Hierfür gibt es sehr viele verschiedene Gründe.
- Der Hund hat nur gelernt mit gleichgroßen Artgenossen umzugehen (vor allem bei kleinen Hunden)
- Der Hund kann nur mit einer bestimmten Fellfarbe umgehen
- Der Hund kennt nur ähnliche Rassen
- Der Hund hat schlechte Erfahrungen gemacht
- Der Hund ist in seinen Sinnen eingeschränkt
- Der Hund hat Schmerzen oder andere medizinische Probleme
Diese Liste ist nur ein kleiner Einblick. Sehr viele Dinge können Angst auslösen. Meist handelt es sich aber um fehlende Strategien mit dem Gegenüber umzugehen oder körperliches Unwohlsein.
So kann zB ein Schäfer, der in der Kindheit nur Schäfer (oder ähnliche Rassen) kennen gelernt hat, mit einer Bulldogge oder einem Mops nicht umgehen. Die schnaufende Atmung (die vl wie Knurren klingt), die Falten und damit die gekräuselte Nase wirken bedrohlich und einschüchternd. Diesen Artgenossen möchte sich der Schäfer vom Leib halten und reagiert eventuell mit Aggression.
Oft sieht man diese Gründe auch bei Hunden, die immer problemlos mit Begegnungen zurecht gekommen sind, aber plötzlich Aggression zeigen. Besuchen diese Hunde den Tierarzt wird vielleicht ein schmerzhaftes Geschehen in einem Gelenk, Bauchschmerzen, schwindende Sehfähigkeit oder ähnliches festgestellt. Der Hund merkt, dass er körperlich angeschlagen ist und eventuell fürchtet er auch den Schmerz, wenn der entgegenkommende Junghund auf ihn drauf springt.
Und schlechte Erfahrungen können ohnehin tiefe Spuren hinterlassen (auch wenn keine körperlichen Wunden entstehen). ´
Leider generalisiert Angst unheimlich schnell. Das bedeutet, dass ähnliche Situationen schnell ebenfalls die Angstreaktion auslösen.
Hatte ein Hund also eine unangenehme Begegnung mit einem schwarzen Labby, sind am nächsten Tag alle schwarzen Hunde gefährlich oder alle Labbys oder alle Hunde in der Größe, oder alle Hunde an der Stelle des Spaziergangs, oder sogar die Stelle des Spaziergangs generell.
Oft können wir auch garkeinen Auslöser feststellen, aber der Hund hat zB einen Geruch wahr genommen, der Gefahr bedeutet, während ein Artgenosse an ihm vorbei gegangen ist.
Du siehst, es kann viele Gründe geben, die wir nicht immer mitbekommen oder vielleicht auch garnicht mehr Rekonstruieren können (so geht es vielen Menschen mit Secound Hand Hunden).
Weißt du jedoch den Auslöser, kannst du ihn eventuell ins Training einbauen. So könnte ein Hund, der eigentlich Kontakt möchte und frustriert ist, als Belohnung fürs entspannte Wegschauen, zum anderen Hund laufen dürfen(natürlich nur bei bekannten Hunden, wo das abgesprochen ist).
Training
Besonders bei Aggressionsverhalten ist ein Training über Belohnung als Hauptstandbein sehr erfolgreich. Wir können so dem Hund ein schönes Gefühl in Begegnungssituationen vermitteln und mit Spaß ein Alternativverhalten und damit eine Strategie aufbauen um diese zu bewältigen.
Wird der Hund dagegen für „unangemessenes“ Verhalten gemaßregelt (also bestraft), ändert sich an der Motivation und dem Grund nichts. Der Hund reißt sich vielleicht für eine gewisse Zeit zusammen, doch irgendwann kann er das nicht mehr und reagiert umso heftiger.
Das kann richtig gefährlich werden. Außerdem möchtest du ja, dass es auch deinem Hund gut geht in eurem Alltag.
Woraus besteht also so ein Begegnungstraining?
Tatsächlich sind die Komponenten immer gleich, nur die genaue Ausführung und Belohnungsvariante unterscheidet sich von Hund zu Hund.
- Management (Abstand, Vermeiden, Notfallmaßnahmen wie umdrehen/hochheben/Geschirrgriff) & Sicherheit (Maulkorb, Leine, Geschirr, evtl doppelte Sicherung)
- Hinschauen/Wegschauen
- Alternativverhalten
- Vorbeigehen – Pendeln/Bogen laufen
Je nach Hund unterscheiden sie hier dann die Feinheiten. So braucht zB jeder Hund einen ganz persönlichen Abstand zu Beginn.
Wichtig ist, die Übungen immer erst ohne fremdem Hund einzuüben, dann in ausreichend Abstand, dass der eigene Hund noch entspannt mitmachen kann und erst dann den Abstand verringern.
Für das Training eignet sich ein souveräner, entspannter Hilfshund immer besonders gut.
Folgst du diesem Leitfaden, hast du innerhalb kürzester Zeit Freude an Begegnungen.
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